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28 January 2020 morning

2020 - First part-session Print sitting

Sitting video(s) 1 / 1

Opening of the sitting No 3

Election

Debate: The functioning of democratic institutions in Poland

Mr Martin HEBNER

Germany, EC/DA, Spokesperson for the group

10:20:35

Ich freue mich, hier für die EC, die europäische konservativ-demokratische Allianz, zu sprechen, und natürlich müssen wir ganz klar sagen, dass Rechtsstaatlichkeit sicherzustellen ist und auch eine Gewaltenteilung nicht verwässert werden darf. Wir sind uns genauso auch in dem Fall darüber im Klaren, dass Polen nach Ende des kommunistischen Regimes seine Justiz nicht in dem Falle von Grund auf änderte. Das war zeitlich ein Fehler, aber auch inhaltlich.

Im Moment ist Polen dabei, als souveräner Staat eine neue Justizreform in dem Falle zu installieren und wir müssen ganz klar sagen, dass hiermit eine Praxis, die in anderen Ländern, auch dieses Gremiums, dauernd auch in dem Falle Usus ist, jetzt hier auch mit eingeführt wird. Um so ganz klar darauf hinzuweisen, was die Auswahl der Richter anbelangt: Hier ist Polen sogar meinem Heimatland Deutschland überlegen, denn der polnische Justizrat KSK ist in diesem Falle analog dem Richterwahlausschuss in Deutschland konstituiert oder sogar dem noch weit überlegen, weil in diesem Justizrat die Richter die Mehrheit haben.

Ganz im Gegensatz zu Deutschland, wo die Regierungsparteien; die Minister wie auch in diesem Falle das Parlament, und somit ganz klar die Regierungsparteien, hier die entsprechenden Schaltungen durchführen. Und deswegen sollte man dringend in dem Falle davon abraten, gerade Mitgliedern einer deutschen Delegation, hier mit einem erhobenen Zeigefinger gegenüber Polen aufzutreten. Und das gilt auch für andere Länder, denn die Praxis in Polen, die heute in dem Falle von der neuen Regierung und vom Parlament verabschiedete, unterscheidet sich nicht zu sehr von anderen Ländern in diesem Gremium, und ich möchte ganz klar sagen, ich kritisiere auch die Praxis in meinem Heimatland. Es kommt auch in dem Falle klare Kritik von Autoritäten wie Herrn Böckenförde, ehemaliger Verfassungsrichter, der diese in Deutschland als Parteien-Patronage bezeichnet. Aber man kann hier nicht allein Polen wegen einer ähnlichen oder sogar besseren Regelung, die dieses verhindern soll, auf die Anklagebank stellen, auf die Anklagebank setzen. Meine Damen und Herren, und ich spreche hier noch nicht einmal von Ländern wie der Türkei.

Es wäre in diesem Fall erwartbar gewesen, dass hier ein Antrag, wenn er so vorgelegt wird und Polen klar adressiert, eine Gegenüberstellung durchführt. Eine Gegenüberstellung auch mit der Praxis in anderen Ländern in diesem Hause. Das ist nicht erfolgt, ganz im Gegenteil, es wird in diesem Antrag, das ist Kapitel A.9, auch von best practice gesprochen. Es wird nicht ausgeführt. Hier wird von worst case und so weiter gesprochen und dem gegenübergestellt, wie es in anderen Ländern funktioniert. Oder aber, viel schlechter, wie in dem Fall heute in Polen etabliert, mit der neuen Reform.

 

Von daher ist dringend davon abzuraten, hier Polen allein und in dem Falle auch – man kann es gar nicht anders sagen – mit einer gewissen, ja Selbstgewissheit auf die Anklagebank zu setzen. Dieser Antrag, so wie er vorliegt, ist dringend abzulehnen, denn er stellt in dem Falle Polen als wäre es damit allein dar, obwohl es hier in anderen Ländern dieser Gemeinschaft gang und gäbe ist, eine ähnliche Praxis durchzuführen. Man muss hier ganz klar sagen, hier braucht es eine generelle Gegenüberstellung. Vielen Dank.

Mr Andreas NICK

Germany, EPP/CD

10:44:14

Mister Präsident, dear colleagues,

 

Polen ist ein großes und stolzes europäisches Land mit einer mehr als wechselvollen Geschichte, wer wäre sich dessen schmerzlicher bewusst als der Vertreter der deutschen Delegation. Aber Polen hat mit der Solidarność-Bewegung und 1989/90 mit dem unvergessenen Premierminister Mazowiecki einen herausragenden Beitrag geleistet, auch zur Überwindung der Teilung Europas und zur Rückkehr von Freiheit und Demokratie in den östlichen Teil unseres Kontinents.

 

Liebe Kollegen, auch als Freunde Polens, nein gerade als Freunde Polens und des polnischen Volkes können und dürfen wir heute hier zu diesem Thema nicht schweigen. Demokratien sterben langsam, Demokratie ist keine Tyrannei der Mehrheit, sie lebt vom institutionellen Rahmen, ohne den wir auch die Freiheit des Einzelnen und seine individuellen Menschenrechte dauerhaft nicht schützen können. Und dazu gehören vorrangig eine unabhängige Justiz, freie Medien, eine freie Wissenschaft und eine starke und lebendige Zivilgesellschaft. Und es ist auch keine Frage nationaler Souveränität.

 

Polen ist nach 1990 aus voller Überzeugung dem Europarat beigetreten, um den Weg zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit auch in diesem Land dauerhaft abzusichern. Und unserer Venedig-Kommission, der ich sehr herzlich für ihre Arbeit in dieser Frage danke, trägt ja in ihrem vollen Namen zurecht die Bezeichnung "Europäische Kommission für Demokratie durch Recht", und ich darf auch den Berichterstattern sehr herzlich danken für diese detaillierte Aufarbeitung der Vorgänge in Polen in der Unterminierung des Rechtsstaates. Es ist schon angesprochen worden, auch das muss kritisch gesagt werden, das ist nicht die Verantwortung der heutigen Berichterstatter, aber dass ein Bericht, den wir im Jahre 2016 mit einer gewissen Dringlichkeit und Eilbedürftigkeit mandatiert haben, mehr als vier Jahre gebraucht hat, um heute hier vorgelegt zu werden, ist kein Beitrag zur Stärkung unserer Glaubwürdigkeit als Europarat in der Wahrung unserer Rolle als Hüter von Rechtsstaat und Demokratie. Und darüber wird auch sicherlich noch einmal zu reden sein, wie wir solche Dinge in Zukunft verbessern können.

 

Aber ich glaube, wir müssen uns heute diesem Thema mit aller Konsequenz und Ernsthaftigkeit stellen. Ich bin sehr froh, dass mittlerweile ja mehrere Amendments vorliegen, die auch die politische Schlussfolgerung dieses Berichts nachschärfen. Es ist angesprochen worden, unser schärfstes Schwert ist die Wiedereröffnung des Monitoring-Verfahrens. Ich glaube, dieser Diskussion sollten wir uns auch gleich bei den Amendments nachhaltig stellen, wenn wir das, was unsere Berichterstatter, aber auch die Venedig-Kommission herausgearbeitet haben, mit der politischen Ernsthaftigkeit unterlegen wollen, auch in unserem Anspruch als Europarat, auch im Verhältnis zur Europäischen Union, der Hüter von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie zu sein in allen 47 Mitgliedsstaaten. Herzlichen Dank!

Mr Stefan SCHENNACH

Austria, SOC

11:11:16

Danke schön, Frau Präsidentin.

 

Ich möchte den beiden Berichterstattern, Frau Gustafsson und Herrn Omtzigt, für diesen Bericht wirklich danken, denn vor viereinhalb Jahren habe ich dazu die Motion eingebracht; und jetzt ist das Baby auf der Welt, und das Baby zeigt, wie sehr besorgt wir überall in Europa darüber sind, was hier in Polen vonstatten geht.

Max Frisch hat einmal ein Buch geschrieben "Biedermann und die Brandstifter", und ein wenig kommt mir vor, dass die Brandstifter hier voll am werken sind, denn was ist hier in Gefahr? Das Kennzeichen der Demokratie ist die Gewaltenteilung, die Teilung der Gewalten, und diese Gewaltenteilung, die kippt gerade im Falle der Justiz, und das ist alarmierend.

 

Eine Justiz, die verpolitisiert wird; eine Justiz, die nicht unabhängig ist – da verlieren die Menschen das Vertrauen. Denn die Justiz – das ist hier von besonderer Wichtigkeit – der Justiz vertrauen die Menschen zuallererst und die Justiz muss hier unabhängig sein. Mit diesem Knebelungsgesetz jetzt, und so wird es ja auch in Polen bezeichnet, als Knebelungsgesetz, sollen die Richter und die Richterinnen diszipliniert werden. Der Verfassungsgerichtshof wird in Opposition oder in Kampfhaltung zum Obersten Gerichtshof gebracht. Die Regierung legt fest, die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes als Makulatur anzusehen – als Papiermüll. Das ist unglaublich, und das kann und darf in Europa nicht passieren. Es ist nur zu hoffen, dass die Löscher dieses Brandes, die Europäische Kommission und der Europäische Gerichtshof, hier die Wasserschläuche ausrollen, um diesen Brand zu löschen, denn das kann auch im Sinne des polnischen Volkes so niemals hingenommen werden. Und gerade hier als Mitglied des Europarates, wo wir auf die Rechtsstaatlichkeit den größten Wert legen, haben wir hier einzustimmen.

 

Ein Amendment, das ich unter anderem unterschrieben habe, fordert auf, dass Polen in das ordentliche Monitoring-Verfahren gebracht wird. Als ehemaliger Vorsitzender des Monitoring-Committees, kann ich nur an Sie appellieren, dem stattzugeben. Bei nur einer Stimme Unterschied hat dieses Amendment keine Mehrheit bekommen. Ich denke, wie wir dem polnischen Volk helfen können ist, dass wir hier im Europarat ein Monitoring-Verfahren eröffnen, um die Rechtsstaatlichkeit sicherzustellen. Danke sehr!

Adress by Ms Salome ZOURABICHVILI, President of Georgia

End of the sitting No. 3 at 13:10