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31 January 2020 morning

2020 - First part-session Print sitting

Sitting video(s) 1 / 1

Opening of the sitting No. 9

Debate: Democracy hacked? How to respond?

Mr Ulrich OEHME

Germany, EC/DA

10:43:25

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Sehr geehrte Abgeordnete,

 

Wir leben in einem Zeitalter, in dem Informationen überall und stetig verfüg- und abrufbar sind. Diese Entwicklung treibt unsere Gesellschaften voran. Informationen und Daten sind der neue Rohstoff unserer Zeit. Mehr denn je ist es daher wichtig; Informationen kritisch zu hinterfragen, zu prüfen und gegebenenfalls falsche und entstellte zu löschen.

 

Jedoch sollten wir sehr vorsichtig sein, wer, wann und wie eine Information als falsch bewerten und sogar löschen darf.

Mr Ulrich OEHME

Germany, EC/DA

10:44:24

Jedoch sollten wir sehr vorsichtig sein, wer, wann und wie eine Information als falsch bewerten und sogar löschen darf. Fehlinformation ist nicht immer gleich Desinformation; und was manche als „Lüge“ bezeichnen, entpuppt sich später als Wahrheit.

 

Neustes Beispiel ist der Umgang mit den acht chinesischen Whistleblowern bei dem Ausbruch des Corona-Virus in Wuhan. Erst als Lügner und Störer der Ordnung verhaftet, nun als Helden gefeiert.

Die im Bericht vorgeschlagene Einleitung von Justizreformen und die Einrichtung spezialisierter Fachabteilungen für Richter und Staatsanwälte mögen für viele angenehm klingen. Jedoch birgt es die Gefahr, dass die Opposition und die Freiheitsrechte eingeschränkt werden.

 

Wie sieht heute die Wirklichkeit aus? Sind es nicht vielmehr selbsternannte Diskursrichter, die meist ohne juristischen Beistand, bereits jetzt schon entscheiden was Desinformation und Hassrede ist? Sind nicht sie bereits stark damit beschäftigt, den demokratischen Diskurs zum Erliegen zu bringen? Diese selbsternannten Verteidiger  der Wahrheit – nämlich ihrer – bezeichnen stets solche Informationen als Fake oder Hassrede, die nicht ihrer eigenen Meinung entsprechen. Dies sind keine fehlgeleiteten Individuen sondern oft genug mit Steuergeld finanzierte Kampagnen. In der gegenwärtigen Situation würden die im Bericht vorgeschlagenen Maßnahmen noch mehr Geld für die öffentlich-rechtlichen Medien und Akteure bereitstellen und so könnten diese noch mehr gegen vermeintliche Desinformation vorgehen, – in vielen Mitgliedstaaten des Europarates gewissermaßen den Bock zum Gärtner machen.

Aber genauso wichtig ist der Schutz der Integrität eines jeden Staates. Es gilt zu verhindern, dass Mächte – seien dies andere Staaten oder global agierende Konzerne –, nicht die politische Stabilität eines Landes durch das Streuen von Desinformationen beeinträchtigt. Hier müsste klar stehen, woher die jeweilige Information kommt bzw. wer dafür verantwortlich ist oder wer sie bezahlt hat.

Man muss es ganz klar sagen: Auch wenn der Bericht einige sinnvolle Maßnahmen enthält – etwa zur besseren Transparenz bei Online-Beiträgen – so droht er doch, das Hacken unserer Demokratien noch weiter zu erleichtern. Was wir brauchen, ist mehr Transparenz, Pluralismus und vor allem ein bisschen Vertrauen in das Urteilsvermögen unserer Bürger, sich selbst eine Meinung zu bilden und selbst die Spreu vom Weizen zu trennen.

 

Demokratie bedeutet aktive Beteiligung am Diskurs ohne massive staatliche Überwachung. Der Staat sollte seinen Bürgern die Werkzeuge an die Hand geben, um die richtigen und wichtigen Informationen zu erkennen; nicht aber einfach all das verbieten, was er selbst oder selbst ernannte Wahrheitsfinder für richtig halten. Ich kann diesen Antrag nicht unterstützen. Vielen Dank.

Mr Frithjof SCHMIDT

Germany, SOC, Rapporteur

11:24:41

Vielen Dank, Herr Vorsitzender.

 

Ich möchte mich zuerst für die vielen unterstützenden Äußerungen für meinen Bericht bedanken, und für die Unterstützung für die politische Intention dieses Berichtes.

Denn; es ist ja so, dass es wirklich ein schwieriges und kompliziertes Thema ist, wenn wir über den Missbrauch des Internets sprechen. Wir kritisieren ja nicht die Nutzung des Internets für Kommunikation; und wenn wir über Missbrauch sprechen, müssen wir sehr genau diskutieren: wo fängt Missbrauch an. Denn auf der anderen Seite ist gerade für die Mitglieder des Europarates ja klar, dass die Meinungsfreiheit, die Pressefreiheit, ein hohes Gut ist, das wir verteidigen müssen.

Wenn wir bei der Kontrolle von großen Social-Media-Plattformen mehr Transparenz fordern als mögliche Antwort für ihren Missbrauch, dann ist auch klar, dass wir auf der anderen Seite auch den Datenschutz und den Schutz der Privatheit der Nutzer als hohen Wert vertreten. Das heißt, wir sind in einer widersprüchlichen Situation; wo wir einen Weg finden müssen, unterschiedliche Werte zusammenzubringen; und Instrumente entwickeln müssen, wie wir dieses Problem bearbeiten können.

 

Aber es ist auch völlig klar – wenn wir sehen, dass unsere demokratischen Prozesse beispielsweise durch automatisierte Desinformationskampagnen, durch sogenannte Social Bots, massiv beeinflusst werden – dass wir dieses Problem nicht ignorieren können, dass wir es adressieren müssen und dass wir Maßnahmen überlegen müssen, wie wir solchen Missbrauch unterbinden können.

 

Der Kollege KOX hat darauf hingewiesen, dass die Frage, dass das immer aus dem Ausland kommen sollte, eine falsche Fragestellung wäre; das ist aber, glaube ich, auch in meinem Bericht nicht so formuliert worden. Es gibt natürlich solche Versuche in unseren Ländern, aus ihnen selbst heraus; und es gibt grenzüberschreitende Versuche der Manipulation. Beides ist ein entsprechendes Problem. Das Internet findet eben keine Grenzen an den staatlichen Grenzen. Es ist ein transnationales Problem, und deswegen wird in dem Bericht ja auch vorgeschlagen, dass wir internationale Kooperation und Konvention brauchen, zum Beispiel über die Frage, wie wir da Transparenz herstellen können.

 

Und Herrn KISLYAK möchte ich sagen: Ich zitiere in meinem Bericht Kritik, bei der auch Russland vorkommt; zum Beispiel dass solche Interventionen im Internet von Akteuren stattgefunden haben, die ihren Sitz in Russland haben. Sie haben völlig Recht, es ist noch kein Beweis, dass dahinter der russische Staat stehen muss; aber die Frage ist: Können wir Vereinbarungen erreichen zwischen den Staaten, dass alle Staaten verpflichtet sind; wenn Akteure in ihrem Staatsgebiet solche Aktionen machen, sie zu kontrollieren und etwas gegen sie zu tun? Und wenn solche Kritiken im Raum sind, wenn Sie meinen Bericht sorgfältig lesen, wenn die Europäische Kommission Russland adressiert als jemand, wo es ein Problem gibt, dann ist es meine Aufgabe als Berichterstatter; dies zu zitieren. Das heißt nicht, dass ich ein Urteil fälle und sage, das stimmt jetzt alles, was die Europäische Kommission sagt; es ist alles falsch, was Russland sagt. Das habe ich nirgendwo in meinem Bericht getan.

Aber wenn wir über Lösungen für dieses Problem sprechen wollen, dann müssen auch diese Dinge erwähnt und adressiert werden. Das ist nicht gegen Russland gerichtet, sondern das ist die Debattenlage über das internationale Problem.

 

So, und wie kann man da rauskommen? Da finde ich sehr wichtig, dass der Europarat da in der Tat eine zentrale Rolle spielt. Ich empfehle auch nirgendwo in meinem Bericht, einfach nur alle Maßnahmen der Europäischen Union zu übernehmen, sondern – ganz im Gegenteil – internationale Kooperation und Konvention zu entwickeln, damit dieses Problem zwischen den Staaten gelöst und zwischen unseren Gesellschaften gelöst werden kann. Unter Einbeziehung auch des Phänomens, dass wir große internationale Medienkonzerne haben; zum Teil Monopole, die durch unsere bisherigen Überlegungen für ein internationales Kartellrecht überhaupt nicht erfasst sind.

 

Hier hoffe ich, dass die Venedig-Kommission eine zentrale Rolle spielen kann bei der weiteren Diskussion, dass also dem Europarat hier eine besondere Bedeutung zukommt, sehr viel mehr als der Europäischen Union oder den einzelnen Staaten. Und dass die Venedig-Kommission eine so anerkannte internationale Autorität ist, dass wir hoffen können, dass alle Staaten in der Lage sind, sie als eine neutrale Instanz anzuerkennen, während Vorschläge fair geprüft werden sollten.

 

Ich denke, das ist eine Chance für den Europarat; es ist eine große Chance für die Venedig-Kommission. Ich hoffe, dass wir sie in den kommenden Monaten und Jahren ergreifen können. Vielen Dank!

Mr Andreas NICK

Germany, EPP/CD, Chairperson of Committee on Political Affairs and Democracy

11:29:41

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,

Ich will auch im Namen des Ausschusses für politische Angelegenheiten dem Kollegen Frithjof Schmidt sehr herzlich danken für diesen Bericht, der nicht nur eine sehr wichtige Thematik adressiert; sondern auch dafür, dass er ihn in einer sehr strukturierten, sehr disziplinierten Weise abgefasst und bearbeitet hat.  Er hat der Versuchung widerstanden, glaube ich, sowohl die Thematik dieses Berichtes unzulässig zu verengen – wie etwa auf die Frage der Interventionen aus dem Ausland oder seitens ausländischen Regierung –, er hat aber auch der Versuchung widerstanden, den Umfang dieses Berichtes über Gebühr auszudehnen. Er ist, glaube ich, sehr fokussiert bei den Fragen der Auswirkungen veränderter technischer Möglichkeiten in der Beeinflussung von Informationsverbreitung und politischen Meinungsbildungsprozessen bei diesem Thema geblieben.

Das ordnet sich ein – darauf will ich noch mal hinweisen seitens des Committees, dass wir ja auch benachbarte Themen aktuell auch in der Bearbeitung haben –, insofern ist das ein Thema, das nicht für sich alleine steht. Wir haben in dieser Woche eine Anhörung gehabt zu dem Bericht der Kollegin Deborah BERGAMINI; wo es dann mehr um die technologische Dimension geht, dass es insbesondere durch den Einsatz von artificial intelligence eben möglicherweise noch weitergehende Möglichkeiten der Beeinflussung und der Manipulation, auch gerade in diesen Prozessen, gibt.

Wir haben, wie auf der anderen Seite zudem berichtet – in Vorbereitung ist der Kollegin Ms Marie-Christine DALLOZ über die Frage von Ill democracies eine sehr instruktive Anhörung gehabt mit Professor Diamond von der Stanford University und einem Vertreter der Venedig-Kommission. Ich will das nur illustrieren; dass der politische Ausschuss sich der Vielfalt der Themen, die auch um diesen Report herum angesiedelt sind, mit hoher Aufmerksamkeit annimmt. Und wir können, glaube ich – gerade auch dadurch, dass wir sehr diszipliniert versuchen, diese Themen sauber voneinander abzugrenzen –, vielleicht auch einen Mehrwert für die Debatte in dieser Versammlung schaffen.

Es gab eine Reihe interessanter und wichtiger Diskussionsbeiträge. ich glaube unser Kollege KERN hat auf die Frage der Medien-Situation auch noch mal sehr explizit Bezug genommen.

Ich glaube in der Tat, dass das eine der zentralen Frage ist: Wie wir die Meinungsbildung und Informationsverbreitung im Internet, sofern sie als Social Media wirklich auch die Funktion traditioneller Medien übernimmt, auch in einen regulierten Rahmen stellen können wie, wir es an anderer Stelle tun, ohne – und das ist dann wiederum die Schattenseite –, eine Übergebühr, eine Strangulierung herbeizuführen, oder eine Nationalisierung des Internets, wie wir sie auch an einigen Stellen sehen.

Ich will abschließend noch mal daran erinnern; an die Dimension dieser Thematik. Ein Historiker mit Vorwissen hat vor einigen Monaten den Vergleich angestellt, dass 100 Jahre nach der Erfindung des Buchdrucks durch meinen Landsmann Johannes GUTENBERG die Religionskriege Europa verwüstet haben. Und er hat davor gewarnt, dass die ungehemmte Verbreitung von Informationen; auch von Falschinformationen; auch von Meinung im Internet, das Potenzial hat, auch das friedliche Zusammenleben in unseren Gesellschaften zu intervenieren und zu erodieren. Und dass daraus politischer Handlungsbedarf abgeht, das decken wir, glaube ich, auch mit den Themen, die wir im Political Affairs Committee behandeln, in diesem Report ab.

Und ich danke Herrn Schmidt noch mal und freue mich auf die Beratung der Amendments; vielen Dank.

Vote: Democracy hacked? How to respond?

Joint debate: Organ transplant tourism / Combating trafficking in human tissues and cells

Mr Stefan SCHENNACH

Austria, SOC, Rapporteur

11:56:15

Danke sehr, Herr Präsident.

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen; das hier ist ein Bericht, eine Resolution, der vor allem die Frage "Menschenrechte" und noch viel mehr "Menschenwürde" betrifft, und es ist gleichzeitig ein Appell an all unsere Mitgliedsstaaten, die seit 2018 vorliegende Übereinkunft des Europarates zur Bekämpfung und Vermeidung des Organtransplantationstourismus zu unterzeichnen. Wir haben derzeit erst 9 Unterschriften; und diese Übereinkunft des Europarates bietet das einzige völkerrechtliche Instrument.

 

Es ist eines der größten und einträglichsten kriminellen Handlungen, die hier derzeit stattfinden. Menschen fahren in andere Länder, organisieren sich Organe, zahlen dafür; dazwischen gibt es Zwischenhändler. Und nicht immer sind diese Organentnahmen ethisch, medizinisch und wie auch immer gerechtfertigt.

Es berührt die Frage des Menschenschmuggels, es berührt die Frage des Menschenschmuggels von Frauen und Kindern, es berührt die Frage auch von Flüchtlingen, es berührt die Frage, wie Organe entnommen werden von Hingerichteten. Hier ist auch in der Resolution ein spezieller Verweis auf China gegeben.

 

Nicht immer sind jene, die die Organe "spenden" – und das bitte unter Anführungszeichen – in der Lage, sich dagegen zu wehren. Die Armut, die Not, ist vielfach der Background – der Hintergrund dieser Spenden. Es gibt eine Istanbuler Übereinkunft, die sagt, bei diesem organisierten Verbrechen, bei dieser organisierten Kriminalität müssen die Staaten auf internationaler Ebene zusammenarbeiten. 

 

Wir müssen Erfahrungen bekommen, wo Organe gespendet werden, wer die Spender sind. Das ist alles sehr sehr zögerlich. Angesichts dessen, das dies eines der einträglichsten Verbrechen ist, das Tag für Tag stattfindet, passiert zu wenig, und deshalb auch diese Resolution und diese Erinnerung.

 

Am Anfang möchte ich sagen, ich habe diesen Bericht übernommen. Zuerst hat ihn Liliane Maury PASQUIER angefangen; sie wurde dann Präsidentin unserer Versammlung. Danach folgte Stella KYRIAKIDES, sie wurde EU-Gesundheitskommissarin. Sie sehen,, ich bin als ehemaliger Vorsitzender des Sozialausschusses in der glücklichen Lage, die Arbeiten von so bedeutenden zwei Frauen hier zu vervollständigen und Ihnen vorzulegen.

Ich bitte Sie und appelliere an Sie, dieser Resolution eine breite Zustimmung zu geben – es gibt auch nur ein  Amendment, das auch noch einstimmig angenommen wurde –, und in Ihren Staaten zu Hause hier aktiv zu werden. Wir brauchen diese Kooperation, wir brauchen die Ratifizierung dieses Übereinkommens. Die WHO, das Internationale Rote Kreuz, alle alarmieren in dieser Frage. 

Und noch etwas: Wenn ich Organe illegal entnehme in einem Land, aus welchen Gründen auch immer – dann habe ich die im eigenen Land für die Bevölkerung nicht zur Verfügung. Und die Tatsache ist, dass immer mehr ein höherer Bedarf an Organen ist als an Spendern.

 

Und einen letzten Satz möchte ich jetzt hier noch sagen: Eines der Übeltäter-Länder war Israel. Tanja und ich sind nach Israel gefahren, weil Israel 2008 in der Knesset ein Gesetzt gemacht hat, bei nur zwei Gegenstimmen; und hat das um 180 Grad verändert. Es ist heute eines jener Länder, die zeigen, wenn ein Staat Aktion macht, dann kann er das auch verhindern; dass begüterte Menschen irgendwo nach Thailand, nach Kolumbien, auf die Philippinen oder wo auch immer hinfahren und sich Organe kaufen. Und deshalb auch hier mein Kompliment an das, was Israel hier gezeigt hat; dass es geht. Wir brauchen solche Beispiele, und wir haben uns das vor Ort auch angeschaut. Wir waren sehr sehr beeindruckt darüber, wie ein ganzes Land – Außenministerium, Justizministerium, Gesundheitsminister – hinter einer Aktion steht. Und bis 2008 war Israel auf der Übeltäterliste ganz ganz oben. Jetzt ist es eines der Länder, die am meisten Druck machen, dass die Staaten hier zusammenarbeiten, die auch diese Zusammenarbeits-Gruppe im Rahmen des Istanbuler Übereinkommens vorantreiben.

 

Aber unsere Länder haben etwas zu tun, nämlich unser Übereinkommen des Europarates, der als einziger ein völkerrechtliches Instrument hat, zu unterzeichnen. Ich danke.

Mr Ulrich OEHME

Germany, EC/DA, Spokesperson for the group

12:16:04

Danke, Herr Präsident. Sehr geehrte Kollegen,

 

Organhandel, -tourismus und die illegale Entnahme sowie die illegale Verbreitung von Gewebe und Zellen sind zutiefst menschenverachtende Praktiken. Jeder hat nach Artikel 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention das „Recht auf Leben“. Jedoch bedeutet das nicht, dass für den Erhalt dieses Lebens das Leben eines anderen Menschen verkürzt, geschädigt oder gar beenden werden darf.

 

Ich bedanke mich im Namen meiner Fraktion bei den bisherigen und jetzigen Rapporteuren für die Ausarbeitung der Berichte. Sie zeigen, dass die Gefahr der Kommerzialisierung des menschlichen Körpers kein Hirngespinst oder eine Verschwörungstheorie, sondern Realität ist. Wie beide Berichte aufzeigen, blüht das Geschäft mit menschlichen Körper- und Gewebeeinheiten vor allem auch deswegen, weil Staaten ihren Kontrollfunktionen nicht ordentlich nachkommen und durch Skandale das Vertrauen möglicher Spender in bestehende Systeme verloren gegangen ist.

Über die Ursachen dieser illegalen Geschäfte sind wir uns einig. Durch die Fortschritte in der Medizin kann bei vielen Kranken durch eine Transplantation Linderung oder gar Heilung ihrer Leiden erfolgen. Der hohen Nachfrage stehen jedoch nicht genügend Spender gegenüber.

 

Erschwerend kommt hinzu, dass durch das Streben nach Profit der menschliche Körper zur Ware wird, die kommerziell und in großem Stil ausgeweidet und abgeerntet werden darf. Das verstößt gegen den Grundsatz der Unantastbarkeit der physischen und psychischen Integrität und vor allem der Würde des Menschen; sei dieser tot oder lebendig.

Wir müssen daher in diesem hohen Hause über dieses Thema sprechen, um Vorschläge zu unterbreiten, wie wir in unseren Ländern die Bereitschaft zur Spende und dessen Durchführung wesentlich verbessern können. Nur dadurch können wir den illegalen und verbrecherischen Machenschaften das Wasser abgraben.

 

Es zeigt sich an dem Beispiel Israels, dass die Entkopplung von Kontrolle und finanziellem Interesse; die Wertschätzung/Anerkennung von Spendern und deren Angehörigen; als auch die umfassende Aufklärung der Bevölkerung bessere Ergebnisse liefert als eine vom Staat erzwungene Entscheidung. Wenn wir in unseren Ländern solchen Beispielen folgen, sollte jeder Staat selbst in der Lage sein den Bedarf an Spenderorganen im eigenen Land weitestgehend abzudecken.

Nur wenn wir es schaffen, über nationale und internationale Maßnahmen Transplantationsaktivitäten zu überwachen und nationale Programme zur Prävention zu verbessern, werden wir verhindern, dass geldgierige Personen Profit aus dem Ausschlachten und Abernten von Menschen ziehen können.

 

Bei all diesem Ruf nach Kontrolle, Überwachung und Einschränkung darf jedoch nicht die Möglichkeit der Forschung und Innovationsfähigkeit unterbunden werden. Denn; würde man einfach nur alles verbieten, stünden die Mitgliedsstaaten des Europarats sehr schnell hinter der Entwicklung anderer weniger geregelter Länder zurück. Dadurch würden wir uns in eine noch größere Abhängigkeit begeben, als wir uns bereits befinden.

Deshalb ist bei diesem Thema Augenmaß und Weitsicht gefragt. Weder die Ausbeutung von Menschen und ihrer Körper noch der völlige Stillstand von Wissenschaft und Ökonomie können unsere Forderung sein.

 

Ich wünsche uns allen viel Erfolg bei der Umsetzung dieser Pläne. Mögen dadurch das Leiden der Kranken gemindert, die Würde der Spender geachtet und die Forschung bestärkt werden. Vielen Dank!

Vote: Organ transplant tourism / Combating trafficking in human tissues and cells

Closing of the session