Vielen Dank Frau Präsidentin,
meine Damen und Herren,
wir reden heute über San Marino, wirklich ein faszinierender Mikrostaat, eine Enklave, umschlossen von Italien, dessen demokratische und republikanische Strukturen Jahrhunderte zurückgehen. Das ist in der Tat die älteste Republik der Welt, und es war hochinteressant, diesen Bericht zu verfassen.
San Marino wurde am 3. Februar 2021 ausgewählt im Rahmen dieses sogenannten Periodic-Review-Verfahrens, an dem alle Staaten des Europarates teilnehmen, und zunächst wurden Herr Viorel-Riceard BADEA und ich als Berichterstatter gewählt.
Wir waren am 24. bis 26. Oktober letzten Jahres in San Marino. Leider musste Herr Viorel-Riceard BADEA im Januar diesen Jahres die Versammlung verlassen, weil er anderen Verpflichtungen nachgekommen ist, und Herr Joseph O'REILLY ist sozusagen übergangsweise als Ko-Berichterstatter kurzfristig eingesprungen. Herr Joseph O'REILLY ist aber gegenwärtig in medizinischer Behandlung und kann nicht hier sein, deswegen stehe ich jetzt hier sozusagen als einziger Berichterstatter da.
San Marino ist dem Europarat 1988 beigetreten und wie gesagt; die Strukturen San Marinos gehen lange, lange zurück – bis hin sogar teilweise auf Relikte aus dem Römischen Reich. Es ist immer eine Republik gewesen, es hat eine starke demokratische und freiheitliche Tradition und die Schwierigkeiten, die sich für so einen Mikrostaat ergeben mit 35.000 Einwohnern, auf einer relativ kleinen Fläche, sind eben charakteristische Schwierigkeiten für einen Mikrostaat.
Es gibt in San Marino einen klaren politischen Willen, diese Schwierigkeiten im Rahmen der Verpflichtungen des Europarates zu überwinden; es gibt eine sehr proaktive demokratische und diplomatische Tradition, die auch dazu geführt hat in der Geschichte, dass San Marino überhaupt als Staat überleben konnte. Die italienische Vereinigung, Napoleon, Mussolini – das sind ja alles riesige Herausforderungen für so einen kleinen Staat und das geht eben auf eine Tradition großer, sehr proaktiver Diplomatie zurück.
Kernstück in San Marino ist das Parlament, der sogenannte Great and General Council, ein Punkt, den wir hier aufgeführt haben ist, dass die Abgeordneten in San Marino – wenn Sie vor allem im privaten Bereich arbeiten – dass sie nicht entschädigt werden. Das ist eine Schwäche, wo wir der Meinung sind, dass sie überwunden werden sollte, weil sie auch zu einer Ungleichgewicht führt in San Marino zwischen dem Parlament einerseits und der Exekutive auf der anderen Seite.
Ein Problem eines solchen Mikrostaates ist natürlich die Frage des Interessenkonfliktes und der Korruption, weil man sich halt untereinander schnell kennt und es entsteht eine sehr schnelle Nähe zwischen verschiedenen Strukturen in der Justiz zum Beispiel. Dazu gab es ein vierten GRECO-Bericht, der sehr, sehr positiv evaluiert wurde und wir fordern hier auch, dass der fünfte GRECO-Bericht, der sich dann mit den Regierungen beschäftigt, dass der bald in Angriff genommen wird.
Wir haben ein paar kleine Vorschläge gemacht – alle sozusagen unter dem Respekt vor der wirklich demokratischen und rechtsstaatlichen Traditionen dieses kleinen Landes – die aus unserer Sicht noch zu verbessern wären. Demokratie ist ja nie etwas Vollendetes, sondern eine Sache, die immer verbessert werden kann. Wir schlagen zum Beispiel vor, dass verschiedene Religionen sich registrieren können, dass auch ausländische Residenten an Lokalwahlen nach fünf Jahren teilnehmen können, so wie das in anderen europäischen Staaten ist und einige andere Vorschläge, die wir noch machen.
Insgesamt, wie gesagt, war es aus unserer Sicht ein sehr, sehr inspirierender und ein sehr positiver Besuch, den wir dort hatten und ich möchte vor allen Dingen auch den Kollegen hier und den Institutionen in San Marino und natürlich auch dem Sekretariat, Bas Klein, für die tolle Zusammenarbeit danken und freue mich jetzt auf die Diskussion.
Vielen Dank.
Austria, SOC, Spokesperson for the group
10:19:49
Danke sehr Frau Präsidentin,
liebe Kollegen und Kolleginnen,
im Namen meiner politischen Gruppe möchte ich Herrn Andrej HUNKO aber auch allen vorhergehenden Berichterstattern herzlich gratulieren zu diesem Bericht, der uns eintauchen lässt in einen Mikrostaat, der aber zugleich der älteste souveräne Staat und die älteste Republik ist.
Wenn ein Staat so klein ist, dann ist eines der ganz wichtigen Dinge, dass man die Gewaltenteilung wirklich schafft; und wenn dann familiär zu stark zwischen Exekutive, Legislative und Judikatur Verbindungen herrschen, dann gerät die Gewaltenteilung ein wenig außer Kontrolle.
Was Herr Andrej HUNKO hier ja auch gesagt hat – was ich besonders wichtig finde in diesem Bericht – ist, dass der große und allgemeine Rat, seine Mitglieder, die viele Aufgaben haben, nur ein Teilzeit-Parlament ist. Das heißt; es ist nicht geklärt gegenüber dem privaten Sektor, dass die Abgeordneten des großen und allgemeinen Rates auch die Zeit dafür zur Verfügung gestellt bekommen von ihren Firmen. Im öffentlichen Bereich ist das klarer – aber ich denke, hier muss man ganz viel mehr machen.
Wir sehen auch in San Marino, dass die Exekutive gar nicht so lange wartet auf das Parlament, sondern per Dekrete regiert – und das ist keine gute demokratische Entwicklung. Aber, wie mein Vorredner Herr Marco NICOLINI sagt – und daran zweifle ich auch nicht – dass die Abgeordneten von San Marino alles tun, um auch diese Empfehlungen umzusetzen, und sie sind ja auch den GRECO-Empfehlungen gefolgt mit der Ethikkommission für die Mitglieder des großen allgemeinen Rates. Wobei man hier vielleicht noch ein wenig schärfen müsste, dass es bei schweren Verfehlungen auch entsprechende Strafen gibt – das fehlt derzeit.
Dann, lieber Herr Marco NICOLINI, eine wichtige Frage ist die Durchsetzung der Frauenrechte in San Marino. Eine andere Frage ist; wie geht man mit religiösen Minderheiten um. Das andere; wie geht man mit Menschen, die keine san-marinesische Staatsbürgerschaft besitzen, um.
Das sind Fragen von essentiellen menschenrechtlich. Ich habe das verstanden, dass das mit der Staatsbürgerschaft in San Marino nicht so einfach ist – weil sonst wäre man gleich Italien, weil alles ist rundherum italienisch. Aber ich kann nur sagen; Hut ab, San Marino, Hut ab, was ihr als Parlamentarier leistet und ich denke, so wie der Bericht San Marino ernst nimmt, dass wir euch auch ernst nehmen in euren Bemühungen.
Ich kann nur gratulieren.
Vielen Dank Frau Präsidentin,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
vielen Dank für die freundliche und interessante Diskussion, vielleicht noch ein paar Gedanken und Ergänzungen dazu.
Zum Thema der Kleinstaaten; und Island – wir haben auch gerade darüber geredet – ist ja auch ein Kleinstaat, der eine spezifische demokratische Tradition hat. Ich glaube, das Besondere an San Marino und an Island ist nicht nur, dass sie Kleinstaaten sind, dass sie besondere Probleme haben, sondern auch eine jahrhundertealte republikanische Tradition aufrechterhalten haben – in einer Zeit, in der es ganz andere schlimme diktatorische Entwicklungen in Europa gegeben hat. Das fordert sozusagen wirklich meinen Respekt auch heraus. Und vielleicht noch eine Ergänzung, weil es noch nicht erwähnt worden ist; in San Marino gibt es ein besonderes System der Repräsentation des Staates mit den zwei Capitani, den Due Capitani, die halbjährlich rotierend den Staat San Marino, sowie ein Präsident, aber als Duo, den Staat international vertreten. Auch das ist eine ganz alte Tradition, die bei mir sehr viel Sympathie hervorruft.
Die Frauenrechte sind angesprochen worden; natürlich ist San Marino auch irgendwo traditionell vielleicht etwas konservativ gewesen, aber es hat vor kurzem dort ein Referendum gegeben, dass auch das Abtreibungsrecht deutlich liberalisiert hat und eben das Recht, auch per Volksentscheid solche Entwicklungen zu machen, zeigt ja auch, dass dieses Land sich selbst sozusagen modernisieren kann und auch auf diesem Wege voranschreitet.
Kleinstaaten haben aber – ob sie groß sind oder klein – in der UNO und auch im Europarat, im Ministerkomitee das gleiche Stimmrecht – und das ist ja auch bedeuted. Ich denke zum Beispiel an den Vertrag, der in der UNO zum Verbot von Atomwaffen in Kraft getreten ist, nach dem 50 Staaten ihn ratifiziert haben – darunter ist auch San Marino – und damit ist diese Zahl erreicht worden; da ist das gleiche Stimmrecht da – und auch das sollte man respektieren. Ich bin auch dankbar in dem Fall, weil ich diesen Vertrag unterstütze.
Insgesamt, wie gesagt, ich war ja zweimal in San Marino; ich bin auch außerhalb dieses Mandates schon im September 2020 nach San Marino gefahren, weil es auch eine besondere Situation dort gab in Bezug auf die Pandemie – total interessante Gespräche, und da hat San Marino ja auch einen kreativen Weg entwickelt, mit einer sehr schwierigen Situation umzugehen. Für mich war das eine tolle Erfahrung und ich freue mich, dass die Kollegen aus San Marino hier auch so positiv reagieren auf die kritischen Punkte in diesem Bericht.
Ich bitte um Zustimmung. Noch mal vielen Dank für die gute Zusammenarbeit.
Germany, EC/DA, Spokesperson for the group
11:12:19
Herr Präsident,
verehrte Kollegen,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
das Thema Jugend und Medien ist ein großes Spannungsfeld; ich möchte deswegen auf wenige Punkte fokussieren, die meines Erachtens nicht hoch genug aufgehängt werden können.
Erstens, der Umgang mit Medien will gelehrt und gelernt werden. Heranwachsene müssen ein Gespür dafür entwickeln, ob sie medial manipuliert werden sollen und wer aus welchem Grund einen Nutzen daraus haben könnte. Sie müssen lernen, zu recherchieren und nicht blind Propaganda oder sogenannten Faktenfindern und erwünschten, aber fabrizierten Wahrheiten aufzusitzen.
Das heißt; Heranwachsene müssen lernen, sich eine eigene Meinung zu bilden. Und das ist sehr schwer, wenn sie zum Beispiel – wie in Zeiten von Corona-Lockdowns – auf reinen Medienkonsum zurückgeworfen werden und weder gegenteilige Positionen hören, noch mitdenken oder mitdiskutieren müssen.
Mein zweiter Punkt betrifft die körperliche und geistige Gesundheit. In Zeiten sich realisierender Digitalität zeigen Kinder und Heranwachsende bereits psychische und physische Schäden durch stundenlanges Stillsitzen vor einem digitalen Endgerät, mittels dessen zunehmend Schulunterricht, Medienkonsum und Freizeit stattfindet.
Bewegung aber ist nicht nur der körperlichen Gesundheit unbedingt zuträglich, sondern auch der neuronalen Vernetzung des Gehirns – heißt; je weniger Schüler und Heranwachsende sich bewegen, desto unterkomplexer strukturieren sich nachweislich Denkprozesse, desto mehr häufen sich gesundheitliche Probleme.
Drittens; Lehre und Lernen. Die unkontrollierte Verbreitung digitaler Medien im Unterricht gefährdet die Bildungsschancen vieler Schüler. Guter Unterricht zeichnet sich durch den direkten Kontakt zwischen kompetenten Lehrern und Schülern aus, die ausreichend Zeit für ihre Schüler haben, und durch gute Unterrichtsvorbereitung. Das Online-Lernen und der Umgang mit Medien bieten hierzu lediglich eine Ergänzung, und können die analogen Gelingensbedingungen für guten Unterricht nicht ersetzen.
Im zukünftigen Einsatz von künstlicher Intelligenz in Schulen und Medien – zum Beispiel in Form von Sprachmodellen wie ChatGPT – sehen wir Chancen und Grenzen. In jedem Fall müssen die Schüler befähigt werden, dieses Medium wie alle anderen auch kritisch und kompetent zu nutzen. Drängender denn je ist vor diesem Hintergrund die Vermittlung und Festigung einer guten Allgemeinbildung und der Fähigkeit zu analytischem Denken, die dies ermöglicht.
Kinder und Heranwachsende benötigen humanistische Bildung und selbstständiges, nicht von fremden Interessen geleitetes Denken für den souveränen Umgang mit Digitalität und Medien.
Vielen Dank.
Dankeschön Herr Präsident,
zuerst muss ich einmal sagen; ich war wirklich tief beeindruckt von diesem Bericht, den Frau Fiona O'LOUGHLIN hier vorgelegt hat. Er ist auf den Punkt gebracht – aber er zeigt auch zwei Seiten.
Das eine; er erhöht die Möglichkeit junger Menschen, politisch zu partizipieren, aber er erhöht auch die Gefahr der Manipulation. Wenn wir auf der einen Seite Länder betrachten wie zum Beispiel den Iran; wir bekommen nur über Social Web die Informationen – auf der anderen Seite haben wir aber auch Mitgliedsstaaten, in dem die Regierung die komplette Kontrolle über die Medien hat. Nur so können Jugendliche auch andere Informationen bekommen und natürlich haben wir hier eine riesige Gefahr der Manipulation.
Gerade rechte und rechtsextreme Parteien in Europa verstehen es prächtig, auf diesem Klavier zu spielen. Und ich kann nur ein Beispiel sagen; in Österreich kam eine Meldung, Flüchtlinge hätten einen Supermarkt im Land Steiermark überfallen, mit innerhalb von einer Stunde 8000 Vervielfältigungen. Daraufhin hat die Polizei geantwortet; im ganzen Land ist kein einziger Supermarkt überfallen worden. Das wurde nur 115 Mal weitergeleitet.
So kann extrem manipuliert werden. Und was wir brauchen ist, in der Schule die Kompetenz zu lernen, mit Social Web und Internet umzugehen – das können die Eltern vielfach nicht, weil sie selber nicht die Kenntnisse haben. Wir müssen gerade Kinder und Jugendliche zum Beispiel vor Mobbing schützen, wir müssen ihnen sagen, welche Fotos und was hochzuladen nicht ratsam ist – weil das Internet vergisst nichts. Und die Provider – hier brauchen wir ein rechtliches System, dass Meldungen, die falsch sind, dass Meldungen, die Hass verbreiten, auch gelöscht werden müssen. Da brauchen wir eine europäische, wenn nicht gar eine internationale Rechtslage.
Es muss auch klar sein; diese vielen Influencer und Influencerinnen, die ja alle im Hintergrund Werbeverträge haben und Jugendliche überhaupt nicht realisieren, dass sie hier Opfer von Werbemanipulation sind – das ist auch ein ganz wichtiger Punkt. Und der letzte, nicht zuletzt, dass, wenn man so frei und freundlich auf TikTok geht, dass das etwas mit Absaugen von Daten zu tun hat, dass hier ein anderer Staat, China, den Zugriff hat – und hier bedarf es nicht nur einer europäischen, sondern einer internationalen Lösung, was Datenschutz und TikTok betrifft.
Dankeschön.