Danke sehr Frau Präsidentin,
im Namen der Sozialdemokratischen und Grünen Gruppe möchte ich der Berichterstatterin ein ganz großes Kompliment zu diesem Bericht machen, denn er legt den Finger auf eine ganz aktuelle und ganz wichtige Frage – die digitale Kluft zwischen Stadt und Land, zwischen älterer Generation und jüngerer Generation, zwischen Firmen und privaten Haushalten unterschiedlicher Bildungsgraden, um Menschen mit besonderen Bedürfnissen zu anderen, wächst und wächst und wächst, und es entstehen Benachteiligungen.
Wo es weniger wächst, das ist mir aufgefallen; dass Menschen, die Flüchtlinge sind oder aus der Migration kommen, dass die enorm vertraut sind mit der digitalen Welt, und dass das Mobile Phone direkt ein Markenzeichen neuer Flüchtlingsbewegungen geworden ist. Aber wir müssen trotzdem aufpassen, dass es zu keinen sozialen Benachteiligungen kommt, und dass die Versorgung mit Netzen eine Form der Daseinsvorsorge ist. Das heißt; der Staat, die Gemeinden, die Städte müssen sich hier viel stärker engagieren, es muss einen freien Zugang geben, auch von der Technik her, aber auch von den Trägern, also Open Sources. Und es muss garantiert werden, dass dieser Zugang gleichberechtigt ist, dass er auch genderneutral ist, und dass das hier besonders auch bedacht wird, dass Benachteiligte hier stärker betroffen sind.
Es bedarf einer ganzen Reihe von politischen Maßnahmen gegen diese Kluft, die hier wächst. Und bei der Digitalisierung des öffentlichen Dienstes – hier ist noch einmal geboten, mehr darauf zu achten, dass der gleichberechtigte Zugang gegeben ist, und dass niemand einen Nachteil hat, weil er zum Beispiel ein älterer Mensch ist oder sich mit dieser Technik nicht auskennt, dass ihm das Rechte nimmt. Für ganz besonders wichtig halte ich auch den Datenschutz, denn das Gold von heute sind die Daten, die überall abgegraben werden.
Frau Vorsitzende, ich erlaube mir, noch einmal auf Julian Assange zurückzukommen und auf die Debatte von vorhin. Vor ungefähr drei Jahren habe ich in diesem Plenum einen Antrag gestellt, der einstimmig angenommen ist, auf die sofortige Freilassung von Julian Assange. Und jetzt ist die Situation dermaßen dramatisch, dass wir uns daran erinnern sollten, dass Julian Assange, der weniger ein Whistleblower ist, als ein investigativer Journalist; dass er freikommt und dass das Vereinigte Königreich ihn nicht für 140 Jahre Haftstrafe ausliefert – das wäre eine unglaubliche menschenrechtliche Schmach.
Frau Präsidentin,
werte Kollegen,
63 Prozent der Weltbevölkerung haben Zugang zum Internet, also beinahe 40 Prozent nicht. Hier verläuft also der „große Graben“.
Die EU hat bereits bekundet, 200 Milliarden Euro einsetzen zu wollen, um den beschworenen Graben zu überwinden. Das betrifft auch deutsche Steuergelder. Deswegen gestatten Sie bitte, dass ich der Resolution nicht zustimme, ohne wenigstens wichtige Fragen zu stellen.
Warum gibt es neben dem Lebensentwurf, der immer mehr Digitalität erfordert, keine anerkannten Alternativen? Der immer digitalere Lebensentwurf wird in der angestrebten globalisierten Welt absolut gesetzt und alle Hebel müssen national und international in Bewegung gesetzt werden, um dieses Ziel zu erreichen – das ist doch eher totalitär.
Wurden eigentlich Bürger weltweit gefragt, ob sie immer digitaler leben wollen? Ist die große Transformation von Welt und Gesellschaft etwas, was als Wunsch oder Ziel genuin aus der Mitte der Menschen kommt, oder ist das vielleicht ein Entwurf, der allen Menschen aller Völker von einigen wenigen Vordenkern übergeholfen werden soll?
Bürokratie und Kommerz zwingen Menschen immer häufiger aus der analogen Welt ins Digitale. Digitalität ist quasi ein Angebot, was man gar nicht ablehnen kann.
Wie praktisch, dass mit der angestrebten weltweiten Digitalität giganteske Summen verdient werden werden. Die von der EU ausgelobten 200 Milliarden Euro sind diesbezüglich als Tropfen auf dem heißen Stein. Mehr Digitalität bedeutet auch immer weniger analogen, emotionalen und sozialen Kontakt mit anderen Menschen – mit unbekannten Folgen. Wir müssen auch über die Gefahr der totalen Kontrolle über die Menschen sprechen, die eine grassierende Digitalisierung in sich birgt. In einer durchdigitalisierten Welt werden die vielen Milliarden Menschen künftig beherrschbar für Regierungen, für die WHO und für Interessensgeber.
Auch wenn ich dafür bin, dass jeder Mensch nach Möglichkeit Zugang zu den Segnungen des Fortschritts und Internet haben soll und deswegen zustimmen werde, so vermisse ich doch die kritische Wachsamkeit, mit der wir als Menschenrechtsrat für uns in Anspruch nehmen müssten über die Menschenrechte und letztlich die Menschenrechte zu überwachen und zu bewachen und vor der Digitalisierung zu schützen.
Herzlichen Dank.
Vielen lieben Dank Frau Präsidentin,
der Zugang zum Internet, zum globalen Netz, ist mittlerweile so essentiell, dass manche sogar schon von einem Menschenrecht auf Internet sprechen. Ich nehme auch zur Kenntnis, dass andere die Weltverschwörung dahinter wittern, wo die WTO oder die WHO irgendwelche Fäden ziehen und Alternativen zu suchen sind. Vielleicht probieren Sie es einmal mit Brieftauben, könnte durchaus eine Alternative sein, die zu Ihrer Kultur passen Könnte.
Aber ich möchte jetzt, Sarkasmus off, auf den Bericht von Frau Edite ESTRELA eingehen, die ja sehr viele Themen anspricht. Und ich mag drei davon aufgreifen. Und das erste ist das, was GREVIO uns empfiehlt, weil GREVIO vollkommen zu Recht sagt, dass mit einem besseren, mit mehr Zugang zum Internet, natürlich auch die Online-Gewalt, und da vor allem die Online-Gewalt gegen Frauen zunimmt.
Und es ist sehr, sehr wichtig, häusliche Gewalt oder familiäre Gewalt nicht nur als physikalische, also als körperliche Gewalt zu begreifen, sondern durchaus auch zur Kenntnis zu nehmen, dass wir Maßnahmen brauchen, um digitale Gewalt in den Griff zu kriegen. Und ich halte persönlich nichts davon, dass wir die Internetprovider, die Social-Media-Anbieter dazu aufrufen, sich selbst zu beschränken. Ich glaube, wir brauchen einfach sehr klare Regelungen, die nicht nur bei Rassismus oder bei Antisemitismus oder bei anderen Formen von Hass, sondern durchaus auch bei verbaler und psychischer Gewalt gegen Frauen, die im Internet daherkommen, ansetzen. Andererseits ist es aber auch sehr notwendig, dass Frauen, die von Gewalt betroffen sind, Zugang zu diesen Ressourcen haben, denn es gibt sehr viele Möglichkeiten, über die digitale Welt einerseits Hilfe zu suchen, aber andererseits auch zu dokumentieren, was mir widerfahren ist an Gewalt, damit ich dann auch später bei einem Gerichtsverfahren auch wirklich Beweise habe.
Den zweiten Bereich, den ich gerne ansprechen möchte – und mein Kollege Herr Stefan SCHENNACH ist schon darauf eingegangen, darum mache ich es kurz; es ist auch wirklich wichtig, nicht-digitale Alternativen zu haben, weil nicht jeder wird jederzeit die Fähigkeiten und die Möglichkeit haben, online, sei es jetzt irgendwelche sozialen Förderungen beantragen zu können, selbst Zugang zu Wahlrecht zu haben, selbst Zugang zu lebensnotwendigen Informationen zu haben – Daseinsvorsorge muss immer auch nicht-digital passieren können, damit wir niemanden ausschließen aufgrund von Alter, Sprache, Behinderung oder was auch immer.
Und der dritte Bereich, den ich ansprechen möchte ist das, was Frau Edite ESTRELA zurecht auch sagt; dass 3,6 Milliarden Menschen auf dieser Welt keinen Zugang zu Online-Services haben, zu Internet haben, und es wirklich notwendig ist, sich zu überlegen; wenn wir die nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen umsetzen wollen, dann würden wir uns viel leichter tun, wenn wir da große Schritte vorwärts gehen. Das SDG 17, die globale Partnerschaft, spricht in drei Unterzielen auch über technische Transfers, über das Teilen von technischer Innovation. Und ich halte es für sehr, sehr wichtig, dass wir auch diese globale Ebene, den Digital Divide im Auge haben, damit wir wirklich niemanden zurücklassen, auch außerhalb Europas nicht.
Vielen lieben Dank.